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WE-Arbeitsmarktanalyse-Update: Abwärtstrend der Nachfrage nach Internetspezialisten setzte sich im 2. Quartal 2023 fort

Robert von Heeren

10.07.2023 10:00 von Robert von Heeren

Arbeitsmarktanalyse - Quartalsupdate Q2 2023
Bild: Shutterstock, Chonlatee42

In diesem Update unserer Arbeitsmarktanalyse fokussieren wir uns auf die Entwicklung der Nachfrage nach Arbeitskräften im Bereich der Internetberufe im 2. Quartal 2023. Wie in den vorangegangen Quartalsupdates haben wir wieder über 40 Jobprofile (sog. Job Roles) in den Bereichen Online Marketing sowie den mehr technisch orientierten Internetberufen analysiert und vergleichen die Zahlen mit dem Vorquartal.

Allgemeine Situation am deutschen Stellenmarkt

Rückblick auf das 1. Quartal 2023:

Die Bundesagentur für Arbeit meldete im April 2023, dass die gemeldete Nachfrage nach neuen Mitarbeitern seit Frühsommer 2022 spürbar schwächer wurde. Der Bestand gemeldeter Stellen lag aber noch auf einem vergleichsweisen hohen Niveau. Auch die monatlichen Stellenzugänge im 1. Quartal 2023 nahmen tendenziell ab.

Der Aufwärtstrend des Vorquartals bei den Stellenzugängen setzte sich im 1. Quartal 2023 nicht mehr weiter fort. Stattdessen ging die Zahl der Ausschreibungen in den Monaten Januar bis April 2023 insgesamt deutlich zurück. Im Vergleich zum Vormonat März 2023 war der Rückgang zwar nur geringfügig, aber im Vergleich zum Vorjahr mit einem Minus von 15,78 Prozent (Zugänge an Stellenausschreibungen) und einem Minus von 9,13 Prozent (Bestand an gemeldeten Stellenausschreibungen) sehr deutlich, Tendenz weiter fallend. (Quelle: Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt, April 2023, Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt, Agentur für Arbeit, Abschnitt 1.3 ff.)

Entwicklung im 2. Quartal 2023:

Im Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt für Juni 2023, Abschnitt 1.3 ff. stellt die Arbeitsagentur fest: »Die gemeldete Nachfrage nach neuen Mitarbeitern wird seit dem Frühsommer 2022 spürbar schwächer. Der Bestand gemeldeter Stellen liegt aber noch auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Auch die Zahlen der monatlichen Stellenzugänge nehmen ab. Im Juni sind sie in saison- und kalenderbereinigter Rechnung gegenüber dem Vormonat um 7.000 zurückgegangen, nach jeweils -1.000 im Mai und im April. Nach den Ursprungszahlen belief sich der Zugang im Juni auf 141.000 Stellen, das waren 18.000 oder 11 Prozent weniger als vor einem Jahr

»In der gleitenden Jahressumme von Juli 2022 bis Juni 2023 – die saisonale und zufällige Schwankungen ausgleicht – sind die Stellenzugänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 294.000 oder 15 Prozent auf 1.734.000 gesunken.« (Quelle: Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt Dezember 2022 (PDF), Nicht realisierte Nachfrage nach Arbeitskräften, 1.3 ff., Seite 14).

Arbeitsmarktsituation Grafik Agentur für Arbeit 2020-2023
Abb. 1: Grafischer Verlauf der bei der Agentur für Arbeit gemeldeten Zahlen für den Zugang und den Bestand gemeldeter Arbeitsstellen in Deutschland von Juni 2021 bis Juni 2023 (saisonbereinigt)

Der Abwärtstrend des Vorquartals bei den Stellenzugängen setzte sich im 2. Quartal 2023 weiter fort:

Arbeitsmarktsituation Tabelle Agentur für Arbeit 2020-2023
Abb. 2: Tabellarischer Verlauf der bei der Agentur für Arbeit gemeldeten Zahlen für den Zugang und den Bestand gemeldeter Arbeitsstellen in Deutschland von Juni 2021 bis Juni 2023 (saisonbereinigt)

Interessant ist dabei aber noch folgende Entwicklung: »Die durchschnittliche abgeschlossene Vakanzzeit, also die Zeitspanne zwischen gewünschtem Besetzungstermin und Stellenabgang, belief sich in diesem Zeitraum auf 154 Tage. Das ist länger als im gleichen Vorjahreszeitraum (mit 129 Tagen) und als im Jahr unmittelbar vor der Corona-Krise (von April 2019 bis März 2020 mit 127 Tagen). Die hohe Vakanzzeit spiegelt die Schwierigkeiten vieler Betriebe wider, zeitnah passende Arbeits- und Fachkräfte zu finden.« (Quelle: ebenda)

Fazit des o. g. Arbeitsmarktberichtes der Agentur für Arbeit vom Juni 2023:

»Von Mai auf Juni ist die Arbeitslosigkeit gestiegen, während die Unterbeschäftigung leicht zurückging. In saisonbereinigter Rechnung sind beide Größen gestiegen. Auch ohne ukrainische Geflüchtete errechnen sich merkliche saisonbereinigte Zuwächse. Das Risiko, durch den Verlust der Beschäftigung arbeitslos zu werden, ist weiter niedrig, wird aber etwas größer. Die Chancen, die Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung zu beenden, sind gering und nehmen weiter ab.«

Ergebnisse für Job Roles (bundesweit, Suche nur im Titel der Stellenanzeigen)

Wie in den vorangegangen Quartalsupdates unserer Arbeitsmarktanalysen haben wir auch dieses Mal die mehr technisch orientierten Internetberufe und die Online-Marketing-Berufe getrennt analysiert. Wir beobachten dabei einmal im Monat die Zahl der Stellenausschreibungen von insgesamt 40 Berufsbildern, die wir als »Job Roles« bezeichnen.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt für Internetfachkräfte im 2. Quartal 2023:

Die Entwicklung im Überblick

Arbeitsmarktanalyse Nachfrageverlauf Q2 2023
Abb. 3: Nach einem Anstieg der Nachfrage zu Beginn des 4. Quartals 2022 kam es bei der Zahl der Stellenausschreibungen im 1. Halbjahr 2023 zu einem deutlichen und anhaltenden Rückgang.

Die Zahl der Stellenausschreibungen auf dem deutschen Stellenmarkt stieg hauptsächlich über den Jahreswechsel 2021 zu 2022 hinweg sowohl in den Bereichen Online Marketing als auch bei den technischen Internetberufen sprunghaft an. Im 1. und 2. Quartal ging die Zahl an offenen Stellenausschreibungen kontinuierlich deutlich zurück. Sowohl die Nachfrage nach Internetspezialisten im Bereich der technisch orientierten Internetberufe als auch im Bereich der Online-Marketing-Berufe ist auf den Stand von Anfang 2022 zurückgegangen. Im Vergleich zum 1. Quartal verzeichnen wir bei den technischen Internetberufen ein Minus von 24 Prozent und bei den Online-Marketing-Berufen ein Minus von 30 Prozent. Insgesamt sank die Nachfrage von Ende Q1 zu Ende Q2 2023 um 27 Prozent deutlich.

Die Nachfrage liegt aber trotz der ungünstigen Einflüsse der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und des Ukraine-Krieges im Vergleich zum Vorcorona-Niveau um 50 Prozent (Vergleich Juni 2023 mit Mai 2019) insgesamt noch deutlich darüber.

Die Situation im Bereich der technisch orientierten Internetberufe

WE-Arbeitsmarktanalyse Jobrole-Verlauf für IT-Berufe Update für Q2 2023
Abb. 4: Job-Roles-Vergleich (Auszüge) im Bereich der mehr technisch orientierten Internetberufe

Beim Vergleich der Zahlen der Stellenausschreibungen des 2. Quartals 2023 mit denen des 1. Quartals 2023 zeigt sich ein eher negatives Bild: fast überall ließ die Nachfrage zum Teil deutlich nach.

Die Rückgänge beobachten wir bei folgenden Job Roles:

  • Webentwickler: -39 %
  • PHP-Entwickler: -25 %
  • Javascript-Developer -16 %
  • Scrum-Master: -7 %
  • Webdesigner: -40 %

Einziger Anstieg gab es bei diesen beiden Berufsbildern:

  • Web-Projektmanager: +123 %
  • Web-Administrator: +50 %

Dieser Anstieg beruht wahrscheinlich darauf, dass es im 1. Quartal eine kurze Phase der Nachfrage-Flaute für diese beiden Berufsbilder gab oder die Stellen nicht besetzt werden konnten.

Die Situation im Online-Marketing-Bereich

WE-Arbeitsmarktanalyse Job-Role-Übersicht für Online Marketing Berufe - Update für Q2 2023
Abb. 5: Job-Roles-Vergleich (Auszüge) im Bereich Online Marketing

Im Bereich der von uns untersuchten Online-Marketing-Berufe sieht es ähnlich aus: Einige Job Roles verzeichnen im Vorquartalsvergleich ebenfalls eine geringere Nachfrage, andere sind zum Ende des 2. Quartals hin etwas weniger gefragt.

Die Rückgänge im Überblick:

  • Social Media Manager: -40 %
  • Online Marketing Manager: -18 %
  • SEA Manager: -12 %
  • Content Marketing Manager: -19 %
  • Webanalyst: -25 %

Einzig beim SEO Manager gibt es ein Plus von 7 Prozent.

Insgesamt und im Verhältnis betrachtet überwiegen also zum Ende des 2. Quartals 2023 hin die negativen Werte und Nachfrage-Rückgänge. Besonders auffällig sind hierbei die Berufsbild des Webdesigners und des Social Media Managers. Bei der Nachfrage nach Webdesignern sehen wir bereits seit Längerem eine rückläufige Tendenz. Social Media Manager waren bisher immer sehr gefragt, weshalb wir davon ausgehen, dass es im Moment eine gewisse Sättigung auf dem Arbeitsmarkt bei diesem Berufsbild gibt.

Positiv herausstechen nur die Berufsbilder Web-Projektmanager, Web-Administrator und – etwas schwächer – SEO Manager. Besonders die zuerst genannten beiden Berufsbilder waren in der Vergangenheit im Bereich der technisch-orientierten Internetberufe im Vergleich z. B. zu Javascript- oder PHP-Developer viel weniger gefragt. Es könnte sich hier also um einen Nachholbedarf auf dem Stellenmarkt handeln.

Fazit

Der Abwärtstrend des 1. Quartals 2023 hat sich im 2. Quartal fortgesetzt. Gegen Ende von Q2 2023 ließ die Nachfrage weiterhin deutlich nach und erreichte einen Tiefststand. Dennoch liegt die Nachfrage nach Fachkräften im Bereich der Internetberufe nach wie vor über dem Vorcorona-Niveau von 2019, allerdings nicht mehr so deutlich wie im vergangenen Jahr. Ursache für diesen Abwärtstrend ist unserer Meinung nach die Kombination von allgemeiner wirtschaftlicher Unsicherheit (Ukrainekrieg und dessen wirtschaftliche Folgen) und vor allem auch die hohen Energiepreise, die viele Unternehmen sehr belasten und eher zum Stellenabbau oder zumindest zum Einstellungsstopp bei einigen Unternehmen führen. Für Stellensuchende in diesen beiden Bereichen bedeutet dies zwar auf der einen Seite, dass sie weniger Ausschreibungen finden werden und der Konkurrenzdruck unter den Bewerbern derzeit höher ist als im letzten Jahr. Auf der anderen Seite zeigen die Daten der Arbeitsagentur, dass sich viele Unternehmen schwertun, passende und qualifizierte neue Mitarbeiter zu finden (die Vakanzzeiten sind deutlich gestiegen). Bewerber sollten also nicht verzagen, sondern sich bei Bedarf z. B. über geförderte Weiterbildungsmaßnahmen weiterqualifizieren, um ihre Chancen in Bewerbungsverfahren zu steigern. Erste Daten von Anfang Juli 2023 deuten noch keine Trendwende an, im Gegenteil scheint es so, als ob sich der Abwärtstrend über die nächsten Monate fortsetzen wird. Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass es im Herbst/Winter zu einer Trendwende kommen wird, sondern eher eine leichte Stabilisierung folgen wird.

Im 4. Quartal 2023 werden wir den weiteren Verlauf der Nachfrage auf dem deutschen Stellenmarkt für das 3. Quartal 2023 analysieren und die Ergebnisse vorstellen.

Referenzen

Kategorien: Arbeitsmarkt

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