Die WE-Arbeitsmarktanalyse 2020: Internetberufe sind trotz starkem Einbruch des deutschen Arbeitsmarktes gefragt
13.07.2020 09:00 von Robert von Heeren
Inhalt
- Methodik
- Zusammenfassung
- Erkenntnisse aus den Job-Role-Analysen
- Erkenntnisse aus den Skillset-Analysen
- Fazit
- Anforderungen an Bewerber
- PDF-Download der Arbeitsmarktanalyse 2020
- Referenzen
Webmasters Europe e.V. führt jährlich eine Arbeitsmarktanalyse durch, um Trends auf dem Arbeitsmarkt für Internetspezialist/innen zu ermitteln.
Wir untersuchen, wie viele Stellenangebote für Internet-Expert/innen verschiedener Fachrichtungen es gibt und wie häufig welche Technologien bzw. Kompetenzen in Stellenanzeigen nachgefragt werden.
Methodik
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Auswertung der Stellenausschreibungen in über 50 Online-Jobbörsen und Zeitungen (Monster, Jobware, Stepstone, FAZ-Stellenanzeigen etc.) mit Hilfe einer Meta-Jobsuchmaschine.
Hierbei wird ein zweistufiges Verfahren angewandt:
- Quantitative Analyse der Stellenanzeigen, die bestimmte Schlüsselwörter enthalten. Dabei werden einerseits Schlüsselwörter untersucht, die sich auf Berufs- und Tätigkeitsbezeichnungen, wie z. B. Projektmanagement Web, Web-Developer oder Online Marketing Manager beziehen. Diese Keywords bezeichnen wir als »Job Roles«. Andererseits untersuchen wir Keyword-Kombinationen, die sich auf die geforderten fachlichen Kompetenzen beziehen, z. B. SEO, HTML5, CSS, JavaScript, PHP oder Linux. Diese Keyword-Kombinationen bezeichnen wir als »Skillsets«.
- Qualitative Auswertung der Stellenanzeigen: Für jede Job Role werden mindestens zehn passende Stellenausschreibungen inhaltlich auf die an den Bewerber / die Bewerberin gestellten fachlichen Anforderungen hin untersucht. Dabei soll festgestellt werden, welche Kompetenzen an bestimmte Berufsprofile gestellt werden und wie sich die Anforderungen im Vergleich zum Vorjahr verändert haben.
- Evaluation der allgemeinen Entwicklung auf dem IT-Arbeitsmarkt durch Internet-Recherche nach Arbeitsmarktanalysen.
Zusammenfassung
Allgemeine Situation am deutschen Arbeits- und Stellenmarkt
Rückblick auf das Q2 2019:
Auch wenn unsere Arbeitsmarktanalyse, die wir jährlich im 2. Quartal durchführen, nur eine Momentaufnahme des Stellenmarktes in Deutschland ist: Bereits im vergangenen Jahr stellten wir in unserer Arbeitsmarktanalyse 2019 über fast alle Job Roles hinweg einen deutlichen Rückgang an Stellenausschreibungen im Internet (Jobbörsen, Stellenmärkte, Online-Zeitungen etc.) fest. Aus unserer Sicht war dies eine Folge der globalen wirtschaftlichen Entwicklung, die sich allmählich auf die deutsche Wirtschaft auswirkte. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung des Statistisches Bundesamtes stellte in seiner im März 2019 publizierten Konjunkturprognose fest: »Das Expansionstempo der deutschen Volkswirtschaft hat merklich nachgelassen. […] Gleichzeitig hat sich die Grunddynamik der deutschen Wirtschaft verlangsamt. Nachfrageseitig geht dies vor allem auf eine deutlich schwächere Exportnachfrage aus wichtigen Absatzmärkten zurück. Angebotsseitig spielen die in vielen Branchen erreichten Kapazitätsgrenzen und bestehenden Arbeitskräfteengpässe eine Rolle. Vor diesem Hintergrund revidiert der Sachverständigenrat seine Wachstumsprognose für das Jahr 2019 nach unten und erwartet für die Jahre 2019 und 2020 jahresdurchschnittliche Zuwachsraten des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,8 % und 1,7 %.«[1]
Die aktuelle Situation (Q2 2020) unter Berücksichtigung der Auswirkung der Corona-Pandemie auf den deutschen Arbeitsmarkt:
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Stellenangebote stark verringert. Wir stellten für die untersuchten Job Roles und Skillsets Rückgänge von um die 80 % fest. Schuld daran hat die Corona-Krise, in der sich rund 70 % der vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) befragten Betriebe in Deutschland als von der Krise negativ betroffen bezeichneten [2]. Die im Frühjahr 2020 bei der Arbeitsagentur eingegangen Anzeigen für konjunkturelle Kurzarbeit überstiegen die Werte der Rezession des Jahres 2009 fast um das Fünffache: »Alleine in den beiden Monaten März und April, die vom Lockdown am stärksten betroffen waren, haben Betriebe für 10,7 Millionen Menschen Kurzarbeit aus konjunkturellen Gründen angezeigt. Im Mai kamen dann nochmal 1.140.000 Personen hinzu.«[3] Diese Situation schlägt sich auf die Stellenausschreibung und Stellenbesetzung der Betriebe nieder, »denn der Bestand offener Stellen sinkt weiter, auch wenn die Rückgänge geringer werden«, wie die IAB in ihrer Einschätzung zur wirtschaftlichen Lage im Juli anmerkte.[4]
Die Zahlen der Arbeitsagentur [5] in Abb. 1 bestätigen unsere Beobachtungen, allerdings fallen sie entgegen unserer Messung bei konkreten Job Roles und Skillsets nicht ähnlich deutlich aus. Grund ist, dass es sich bei den statistischen Daten der Arbeitsagentur um gemittelte Werte handelt, während wir Momentaufnahmen des Arbeitsmarkts abbilden, die auch stärkere Schwankungen erfassen. So hatte die Nachfrage nach Arbeitskräften im April einen besonders starken Einbruch erfahren, allerdings konnten sich die Zahlen im Mai und Juni auf niedrigem Niveau wieder fangen, wie die o. g. monatliche Statistik der Arbeitsagentur zeigt.
Über alle Branchen hinweg war der Einbruch der Zahlen im April, also dem Monat nach Beginn des Lockdowns, am stärksten: Während der Gesamtbestand an verfügbaren Stellen im April nur zu rund 9 % abnahm, wurden rund 52 % weniger neue Arbeitsstellen als im Vormonat gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr waren es sogar rund 59 % weniger Zugänge bei neuen Stellen. Im Mai und im Juni stieg die Zahl neuer Stellenangebote auf niedrigem Niveau wieder an. Laut Arbeitsagentur [6] waren ausschlaggebend für den Rückgang im April vor allem »weniger Stellenmeldungen aus der Arbeitnehmerüberlassung (-33.000 oder -57 Prozent), aus dem Handel (-12.000 oder -61 Prozent), aus dem Gastgewerbe (-8.000 oder -55 Prozent) und von Qualifizierten Unternehmensdienstleistern (-8.000 oder -89 Prozent).« Zuwächse gab es nur in der Land- und Forstwirtschaft.
Die Zahlen der Arbeitsagentur in Abb. 2 sind undifferenziert hinsichtlich Vollzeit- oder Teilzeitstellen oder geordnet nach Branchen. Aber exakt den gleichen Wert, nämlich 59 %, gibt der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (DIW) für die offenen Stellen in den MINT-Berufen an: Hier fehlten im Mai 2020 insgesamt 126.700 Arbeitskräfte — gegenüber Mai 2019 ein Rückgang von 59 Prozent. Als Ausnahme stellt das DIW jedoch den Bereich der IT-Berufe fest, wo ein geringeres Minus von 15 % an nicht besetzten Stellen 2020 im Vergleich zum Mittel aus den Vorjahren festgestellt wurde. Das Institut schließt daraus, dass Unternehmen aller Branchen ihre Geschäftsmodelle — auch getrieben durch die Erfahrungen der vergangenen Monate — anpassten, wodurch die Digitalisierung stark voranschreite und die Betriebe deshalb immer mehr IT-Beschäftigte benötigten [7].
Ergebnisse für »Job Roles« (bundesweit, Suche nur im Titel der Stellenanzeigen)
Wie jedes Jahr haben wir auch dieses Mal in unserer Analyse den Arbeitsmarkt für Internet-Fachkräfte eingehend betrachtet. Dabei betrachten wir die mehr technisch orientierten Internetberufe und die Online-Marketing-Berufe getrennt.
Vorweg: Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist der Stellenmarkt in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr generell drastisch eingebrochen. Dies betrifft auch den von uns analysierten Bereich der IT- und Interfachkräfte: Bei unserer Datenerhebung mussten wir über alle von uns untersuchten Job Roles hinweg einen Einbruch von um die 80 % feststellen, was folgende Grafik verdeutlicht:
Die Zahl der Stellenausschreibungen ist im Vergleich zum 2. Vorjahresquartal in den überprüften Job Roles der technisch orientierten Internetberufe im Mittel um -77 % deutlich zurückgegangen. Besonders stark ist der Rückgang bei den Stellenausschreibungen für Web-Entwickler (-90%) — wobei wir hier übrigens auch alternative Jobtitel wie Webdeveloper sowie verschiedene Schreibweisen berücksichtigt haben. Dafür ist der Einbruch bei den Stellen für PHP-Entwickler mit -82% etwas schwächer. Dies ist insofern bemerkenswert, da im Jahr 2019 40% weniger PHP-Entwickler als Web-Entwickler gesucht wurden: In Q2 2020 gab es allerdings für diese beiden Job Roles in etwa gleich viele Ausschreibungen. Ähnlich ist es bei den Ausschreibungen für Javascript-Entwickler, die mit einem Minus von 83% gegenüber den Web-Entwicklern einen vergleichsweise geringeren Einbruch zu verzeichnen haben.
Zur Verdeutlichung die gleiche Grafik wie Abb. 3, aber mit logarithmisch skalierter Y-Achse:
Bei aller gebotenen Zurückhaltung bezüglich der Interpretation der niedrigen Zahlen: Es könnte ein Indiz dafür sein, dass Arbeitgeber ihre Anforderungen in den Stellenausschreibungen für Web-Entwickler jetzt genauer formulieren. Sie stellen in den Jobtiteln das Hauptaufgabengebiet und die wichtigste Fachkompetenz stärker in den Vordergrund, um die Position möglichst punktgenau zu besetzen. Möglicherweise geht die Tendenz im Bereich des Webdevelopment derzeit außerdem weg vom Allrounder und hin zum Experten für einzelne Programmiersprachen und Webtechnologien, wie beispielsweise eben dem PHP- oder Javascript-Entwickler. Auf jeden Fall zeigen die Zahlen, dass diese beiden Berufsbilder auf dem geschrumpften Arbeitsmarkt durchaus noch gefragt sind. Dies trifft auch auf Stellenausschreibungen für Scrum Master zu, die im Vergleich zum Vorjahresquartal ›nur‹ um -74% zurückgegangen sind.
Die Situation im Online-Marketing-Bereich
Die Situation im Bereich Online Marketing sieht grundsätzlich ähnlich aus:
Hier liegt der durchschnittliche Rückgang gegenüber dem Vorjahresquartal bei -85%. Einigermaßen behaupten können sich hier vor allem diejenigen Berufe, die entweder ein breites Wissen in mehreren Disziplinen des Online Marketing erfordern oder sich auf die Bereiche Social Media, Suchmaschinenwerbung (SEA) und Suchmaschinenoptimierung (SEO) fokussieren. Außerdem scheinen viele Arbeitgeber nach wie vor auf das E-Mail-Marketing zu setzen, denn hier fällt der Rückgang an Stellenausschreibungen mit -67% insgesamt am niedrigsten aus. Mit -91% ist die Abnahme übrigens am stärksten bei den Community Managern: das Anforderungsprofil geht möglicherweise zunehmend in dem des Social Media Managers auf.
Die Grafik-Version mit logarithmisch skalierter X-Achse zeigt dies noch deutlicher:
Ergebnisse für ›Skillsets‹ (bundesweit, Volltextsuche in den Stellenanzeigen)
Generell schlägt sich der Rückgang an Stellenausschreibungen auch in den Zahlen unserer Skillset-Analysen für die Fachbereiche Online Marketing, Webdesign, Webprogrammierung, Datenbanken und Webadministration nieder. Angesichts der zum Teil sehr niedrigen Zahlen verzichten wir dieses Mal auf eine detaillierte Analyse aller Ergebnisse und zeigen stattdessen beispielhaft die Skillset-Verteilung im Online-Marketing-Bereich:
Fachgebiet Online Marketing
Auch hier sind die Einbrüche bei den gesuchten Skills gravierend. Der Rückgang der Nennung von Skills in den Bereichen Social Media, Content Marketing, SEO, SEA, Affiliate und Suchmaschinenoptimierung beträgt jeweils um die 83 %. Etwas schwächer ist der Rückgang nur bei der Forderung nach Kenntnissen des Web-Projektmanagements (-75 %) und der Webanalyse (-78 %), wenngleich bei letztgenannter Kompetenz im Vergleich zu den vorgenannten Skills auf sehr niedrigem Niveau. Ähnlich wie bei der Jobtitel-Analyse zeigt sich auch in den Skillset-Analysen, dass sich die Rangfolge der Nennungen nicht oder nur geringfügig verändert hat: So zählen zu den am häufigsten gewünschten Kompetenzen wie im Vorjahresquartal Social Media, Content Marketing, SEO (Suchmaschinenoptimierung), SEA (Suchmaschinenwerbung) und Affiliate. Bewerber haben demzufolge auf dem aktuellen Online-Marketing-Stellenmarkt bessere Chancen, wenn sie über wenigstens eine oder mehrere dieser Skills verfügen und diese im Lebenslauf (Berufserfahrung) und evtl. auch durch aktuelle Weiterbildungen und Zertifizierung nachweisen bzw. untermauern können.
Die gleichen Daten noch einmal in der logarithmischen Skalierung:
Allgemeine Anforderungen an Bewerber
Unsere aktuelle Analyse der bundesweiten, branchenspezifischen Stellenausschreibungen bestätigt weitgehend die im Vorjahr ermittelten Anforderungen an die Eignung der Bewerber:
- Als Basis wird ein Studium, eine branchenspezifische Ausbildung oder gleichwertige Kenntnisse vorausgesetzt. Im Projektmanagement ist ein Hochschulabschluss oft Voraussetzung. Bei Online-Marketing-Berufen, Entwicklern und Designern ist der Einstieg auch mit einer entsprechenden Berufsausbildung, Berufserfahrung und/oder Weiterbildung im jeweiligen Fachgebiet möglich.
- Fach- und Methodenkompetenz der aktuellen Technologien. Nachweis der Methodenkompetenz durch Zeugnisse, Zertifikate, Projekterfahrung oder Arbeitsproben bzw. Tests. Gerade letztere werden speziell bei Ausschreibungen im Bereich Webdesign, Web Development und Online Marketing immer öfter verlangt. Meistens wird dies aber nicht in Stellenausschreibungen erwähnt, sondern der/die Bewerber/in erfährt es erst im Zuge des Bewerbungsverfahrens. Hier müssen beispielsweise Web-Entwickler ein programmiertechnisches Problem lösen und den eigenen Lösungsweg auch anhand eines Code-Beispiels aufzeigen. Bei Webdesignern/innen geht es dann analog um die Erstellung eines Entwurfs zu einem vorgegebenen Thema. Im Bereich Online Marketing werden z. B. von SEO-Managern kurze Analysen einer vorgegebenen Website verlangt, um zu sehen, welche SEO-Kriterien der Bewerber berücksichtigt und wie überhaupt die Herangehensweise des Bewerbers bzw. der Bewerberin ist. Der dafür zu Verfügung gestellte bzw. erwartete Zeitrahmen liegt in der Regel im Bereich von 1–4 Stunden.
- Bewerber müssen sich derzeit verstärkt auf virtuelle Bewerbungsprozesse einstellen: Auf Vorstellungsgespräche in Präsenzform wird derzeit weitestgehend verzichtet. Stattdessen werden häufig Videocalls (z. B. per Zoom, Skype) oder Telefonate durchgeführt. Bewerber sollten darauf achten, entsprechend technisch ausgerüstet zu sein (Headset empfehlenswert) und unbedingt dafür sorgen, dass derartige Gespräche ungestört und technisch störungsfrei stattfinden können. Evtl. Unterbrechungen und Störungen (Probleme mit Video und/oder Audio, Türklingeln, laute Hintergrundgeräusche etc.) sind unbedingt zu vermeiden und können sich negativ auf den ersten Eindruck beim Arbeitgeber auswirken. Auch sollten Bewerber für diese Situation einen möglichst neutralen und ruhigen Raum nutzen. Wer hiermit noch kaum Erfahrung hat: Wir empfehlen, ein entsprechendes Setup unbedingt vorher im privaten Kreis zu testen.
- Angesichts der Corona-Situation wird häufig ausschließlich im Homeoffice gearbeitet: Hier wird von den Bewerbern erwartet, dass sie ihre Arbeit aus dem Homeoffice heraus gut und effizient organisieren und diese nicht laufend von privaten Angelegenheiten unterbrochen wird. Eine gute Selbst- und evtl. Familienorganisation ist hier gerade für das Bestehen der Probezeit entscheidend. Auch müssen die technischen Voraussetzungen wie beispielsweise eine stabile (und nicht zu langsame) Interverbindung gegeben sein. Wer zum Arbeiten evtl. eine Hardware-Upgrade (besserer PC, Zweitmonitor) etc. benötigt, sollte dies unbedingt im Bewerbungsprozess ansprechen und vorab mit dem Arbeitgeber klären.
- Softskills sind immer gewünscht. Sehr häufig werden Kreativität und eine selbständige Arbeitsweise vorausgesetzt. Teamfähigkeit, schnelle Auffassungsgabe, Lernbereitschaft, unternehmerisches Denken und gute Kommunikationsfähigkeit sind die am häufigsten genannten Skills im Online Marketing. Bei Entwicklern wünscht man sich analytisches, strukturelles und ergebnisorientiertes Denken.
- Sehr gute Deutsch- und Englischkenntnisse. Im Online Marketing ist auch zunehmend gern gesehen, wenn Bewerber/innen über weitere Sprachkenntnisse in einer dritten oder sogar vierten Fremdsprache verfügen. Bewerber sollten sich darauf einstellen, dass dies in Vorstellungsgesprächen auch spontan getestet wird.
Fazit:
Der Stellenmarkt ist aufgrund der Corona-Krise in fast allen Branchen dramatisch eingebrochen. Auch die Ausschreibungen für Internetfachkräfte sind davon betroffen: Konnten wir im 2. Vorjahresquartal noch ca. 5.600 offene Stellen für Internetfachkräfte ermitteln, so waren es in Q2 2020 nur 900. Dennoch ist für die von uns analysierten Fachbereiche festzustellen, dass die bisher gefragten Berufe und Skillsets auch in diesem Jahr auf dem deutschen Stellenmarkt gesucht sind, wenngleich quantitativ betrachtet auf deutlich niedrigerem Niveau. Bemerkenswert ist dabei auch, dass sich einige Berufsprofile, wie beispielsweise der PHP- und/oder Javascript-Entwickler oder der Online Marketing Manager auch in dieser schwierigen Ausnahmesituation auf dem Stellenmarkt behaupten.
Wirtschaftsinstitute erwarten von der Corona-Krise einen positiven Effekt auf die Digitalisierung in Deutschland, der sich in mehr IT-Beschäftigten niederschlagen könnte. Derzeit verhindern die finanziellen Hilfen des Bundes zur Kurzarbeit größere Entlassungswellen. Dadurch sind Unternehmen in der Lage, die für sie wertvollsten Arbeitskräfte zu halten, um die Folgen der Pandemie zu kompensieren: Mit Sicherheit wird danach eine Aufholjagd um Marktanteile einsetzen, die nur diejenigen bestehen werden, die über gut ausgebildete Mitarbeiter/innen mit entsprechendem Know-how verfügen und möglicherweise durch Entlassungen entstandene Lücken schnell wieder mit qualifiziertem Personal schließen können.
Damit sind nicht nur qualifizierte Arbeitskräfte in der Netzwerktechnik gemeint: Digitale Lösungen und Angebote umfassen neben den technischen Berufen beispielsweise auch das Online Marketing. Der Branchenverband Bitkom erwartet von der Corona-Krise einen »Digital Turning Point«, nach dem die Zeichen für die Digitalbranche mittelfristig wieder auf Wachstum stehen.[8]
Angesichts der Corona-Krise ist es für Arbeitnehmer/innen und Arbeitssuchende wichtig, möglichst up-to-date zu sein und evtl. Wissenslücken über Weiterbildungen und Spezial-Zertifizierungen zu schließen und sich zu gefragten Spezialthemen wie beispielsweise PHP- und JavaScript-Programmierung oder Suchmaschinenoptimierung zertifizieren zu lassen. Wer hier nicht über die neuesten Entwicklungen Bescheid weiß und diese in den Bewerbungsunterlagen nicht nachweisen kann, läuft in diesem Jahr noch mehr Gefahr, bereits im Vorfeld von Bewerbungsgesprächen aussortiert zu werden.
Niemand weiß im Moment, wie lange und wie stark sich die Pandemie weiterhin auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt auswirken wird. Eines scheint jedoch sehr wahrscheinlich: Eine schnelle Erholung und Rückkehr auf das frühere Niveau wird es vorerst nicht geben. Der Konkurrenzdruck unter den Bewerber/innen wird möglicherweise noch steigen: Wenn die jetzt ausgeschriebenen Stellen besetzt sein werden und die Arbeitgeber vorerst von weiteren Ausschreibungen absehen, wird die Zahl der Ausschreibungen evtl. noch weiter sinken. Für die Arbeitgeber ist dies zunächst von Vorteil, denn sie können gegenüber dem Vorjahr mit noch mehr Bewerber/innen rechnen und noch stärker selektieren. Für die Stellensuchenden ist dies eher ungünstig, denn sie müssen bereits bei den eingereichten Bewerbungsunterlagen noch mehr überzeugen und müssen sich möglicherweise auf eine längere Phase der Stellensuche und evtl. auch langsamere Bewerbungsprozesse einstellen. Hier ist es wichtig, die Nerven zu behalten und die Zeit beispielsweise mit beruflicher Weiterbildung zu nutzen, um sich auf dem Bewerbermarkt Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.
Stellensuchende sollten in diesem Zusammenhang sehr genau prüfen, welche Skills derzeit besonders gefragt sind und sich bei Bedarf ganz gezielt entsprechende Weiterbildungen und Kurse aussuchen. Je nachdem, aus welcher Situation heraus man sich bewirbt (Stellenwechsel, Arbeitslosigkeit, berufliche Veränderung, Berufseintritt etc.) gibt es zahlreiche Fördermöglichkeiten und Förderprogramme, sodass oft zumindest ein Teil der Kosten einer Weiterbildung übernommen bzw. bezuschusst wird.
PDF-Download der Arbeitsmarktanalyse 2020:
Diese Arbeitsmarktanalyse können Sie auch als PDF-Datei herunterladen.
Referenzen
- https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/Konjunkturprognosen/2019/KonUpdate_2019_03_19.pdf
- http://www.iab.de/infoplattform/Stellenerhebung_ip
- https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Themen/Corona/Corona-Nav.html, Bundesagentur für Arbeit, Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung, Berichte: Arbeitsmarkt kompakt – Auswirkungen der Corona-Krise, Nürnberg, Juni 2020.
- Bauer, Anja; Weber, Enzo (2020): Einschätzung des IAB zur wirtschaftlichen Lage, Juni 2020, in: IAB-Forum, https://www.iab-forum.de/einschaetzung-des-iab-zur-wirtschaftlichen-lage-juni-2020/, 1. Juli 2020
- Bundesagentur für Arbeit: https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Themen/Corona/Corona-Nav.html
- Axel Plünnecke, MINT-Frühjahrsreport 2020, https://www.iwd.de/artikel/die-fachkraefteluecke-schrumpft-472379/, 16. Juni 2020.
- Europäische Kommission: Digital Economy and Society Index 2020, https://ec.europa.eu/germany/news/20200611-digitalisierung_de, 11. Juni 2020.
- https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Digitalbranche-sieht-erste-Silberstreifen
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Kategorien: Arbeitsmarkt
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