WE-Arbeitsmarktanalyse für Q2 2024: Leichte Erholung auf dem Arbeitsmarkt für Internetfachkräfte erkennbar
15.07.2024 10:00 von Robert von Heeren
In diesem Update unserer Arbeitsmarktanalyse fokussieren wir uns auf die Entwicklung der Nachfrage nach Arbeitskräften im Bereich der Internetberufe im 2. Quartal 2024. Wie in den vorangegangen Quartalsupdates haben wir wieder über 40 Jobprofile (sog. Job Roles) in den Bereichen Online Marketing sowie den mehr technisch orientierten Internetberufen analysiert und vergleichen die Zahlen mit dem Vorquartal.
Allgemeine Situation am deutschen Stellenmarkt
Rückblick auf das 1. Quartal 2024:
Die Statistiken der Agentur für Arbeit zeigten, dass die Zahl der Stellenausschreibungen bis Ende April 2024 weiterhin kontinuierlich abnahm: «Die gemeldete Nachfrage nach Arbeitskräften nahm im April saisonbereinigt weiter ab. Seit dem Frühsommer 2022 war sie – abgesehen von einem leichten Anstieg im Dezember 2023 – kontinuierlich schwächer geworden.» (Quelle: Arbeitsmarktbericht für April 2024, Abschnitt 1.3, »Nicht realisierte Arbeitskräftenachfrage«).
«Der Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen verzeichnet im April 2024 saisonbereinigt einen Rückgang um 9.000, nach -7.000 im März und -8.000 im Februar. Nicht saisonbereinigt belief sich der Bestand im April auf 701.000 Arbeitsstellen. Das waren 72.000 oder 9 Prozent weniger als vor einem Jahr. Die Stellenzugänge sind im April in saison- und kalenderbereinigter Rechnung gegenüber dem Vormonat um 4.000 gesunken, nach +1.000 im März und -3.000 im Februar. Nach den Ursprungszahlen belief sich der Zugang im April auf 129.000 Stellen, 15.000 oder 11 Prozent weniger als vor einem Jahr. In der gleitenden Jahressumme von Mai 2023 bis April 2024 – die saisonale und zufällige Schwankungen ausgleicht – sind die Stellenzugänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 200.000 oder 11 Prozent auf 1.584.000 gesunken.»
«Der Stellenindex der BA (BA-X)8 bildet die saisonbereinigte Entwicklung der Arbeitskräftenachfrage ab. In den Index fließen die der BA gemeldeten Arbeitsstellen ein, und zwar sowohl die Stellenbestände als auch die Stellenzugänge. Im April 2024 geht der Stellenindex um zwei Punkte auf 111 Punkte zurück. Der Rückgang seit dem Allzeithoch im Mai 2022 setzt sich damit weiter fort und beziffert sich jetzt auf 27 Punkte. Im Vergleich zum Vorjahr hat der Stellenindex 12 Punkte verloren. [...] Die anhaltend schwierige wirtschaftliche Lage beeinträchtigt weiterhin den Arbeitsmarkt.»
Unsere große Jahres-Arbeitsmarktanalyse vom Mai 2024, in der wir auch die Entwicklung des 1. Quartals von 2024 berücksichtigten, schlossen wir mit dem Fazit ab: «Über fast alle Job Roles und Skillset-Nennungen hinweg verzeichnen wir im 2. Quartal 2024 einen deutlichen Rückgang in der Nachfrage gegenüber dem Vorjahr 2023 und dem Vor-Corona-Jahr 2019. Dies ist auf die allgemeine wirtschaftliche Flaute zurückzuführen, die schon am Jahreswechsel einsetzte und sich seitdem kontinuierlich negativ auf den Gesamt-Arbeitsmarkt auswirkt. Im Unterschied zu ähnlichen Perioden wirkt sich diese Flaute auch auf den Arbeitsmarkt für Internetfachkräfte aus. Auch wenn die Zahlen für den Monat Mai 2024 wieder leicht nach oben zeigen und auch der Arbeitsmarktbarometer der IAB eine leichte Aufwärtstendenz erkennt, kann daraus noch keine Trendwende oder Erholung in diesem Arbeitsmarktsegment abgeleitet werden — die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.»
Schauen wir uns deshalb nun die Daten des 2. Quartals an.
Entwicklung im 2. Quartal 2024:
In der Einleitung des Monatsberichts zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt für Juni 2024 stellt die Arbeitsagentur fest: »Die konjunkturelle Erholung der deutschen Wirtschaft kommt nur langsam voran. Die Inflation ist hartnäckig, der Konsum noch zurückhaltend und die Konjunkturaussichten hellen sich diesen Monat nicht weiter auf. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich in dieser konjunkturellen Gemengelage weiter ungünstig: Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben im Juni saisonbereinigt erneut zugenommen. Die gemeldete Nachfrage nach neuen Arbeitskräften schwächte sich weiter ab.«
»Der Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen verzeichnet im Juni 2024 saisonbereinigt einen Rückgang um 11.000, nach -6.000 im Mai und -9.000 im April. Nicht saisonbereinigt belief sich der Bestand im Juni auf 701.000 Arbeitsstellen. Das waren 69.000 oder 9 Prozent weniger als vor einem Jahr.«
Die Stellenzugänge sind im Juni in saison- und kalenderbereinigter Rechnung gegenüber dem Vormonat um 4.000 gesunken, nach +2.000 im Mai und -4.000 im April. Nach den Ursprungszahlen belief sich der Zugang im Juni auf 118.000 Stellen, 23.000 oder 17 Prozent weniger als vor einem Jahr. In der gleitenden Jahressumme von Juli 2023 bis Juni 2024 – die saisonale und zufällige Schwankungen ausgleicht – sind die Stellenzugänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 177.000 oder 10 Prozent auf 1.557.000 gesunken.
Interessant ist dabei aber noch Folgendes: »Im Juni 2024 hat sich der Stellenindex um 2 auf 109 Punkten verringert. Das Allzeithoch von vor zwei Jahren wird inzwischen um 29 Punkte unterschritten. Im Vergleich zum Vorjahr hat der Stellenindex 10 Punkte verloren.« (Quelle: ebenda)
Ergebnisse für Job Roles (bundesweit, Suche nur im Titel der Stellenanzeigen)
Wie in den vorangegangenen Quartalsupdates unserer Arbeitsmarktanalysen haben wir auch dieses Mal die mehr technisch orientierten Internetberufe und die Online-Marketing-Berufe getrennt analysiert. Wir beobachten dabei einmal im Monat die Zahl der Stellenausschreibungen von insgesamt 40 Berufsbildern, die wir als »Job Roles« bezeichnen.
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt für Internetfachkräfte im 2. Quartal 2024:
Die Entwicklung im Überblick
Die Zahl der Stellenausschreibungen auf dem deutschen Stellenmarkt sank im Jahr 2023 sowohl in den Bereichen Online Marketing als auch bei den technischen Internetberufen kontinuierlich ab. Diesen Abwärtstrend setzte sich auch in den Monaten Januar bis April 2024 fort. Seit Mai 2024 beobachten wir bis einschließlich Juli 2024 zwar wieder einen kleinen Aufwärtstrend. Aber der Quartalsvergleich von Juni 2024 zu März 2024 zeigt ein noch gemischtes Bild: Bei den Online-Marketing-Berufen verzeichnen wir einen kleinen Anstieg der Anzahl an Stellenausschreibungen um +10 %. Bei den mehr technisch orientierten Berufen hingegen einen deutlichen Rückgang um -29 %. In der Summe ergibt sich damit noch ein kleines Minus von rund 5 %. Die Zahlen für die Job Roles der beiden Bereiche im Detail:
Die Situation im Bereich der technisch orientierten Internetberufe
Beim Vergleich der Zahlen der Stellenausschreibungen von Juni 2024 mit denen des März 2024 zeigt sich ein eher negatives Bild.
Die Nachfrage stieg nur bei folgender Job Role im Vergleich zum Vorquartal deutlich:
- App-Entwickler: +143 % (nicht abgebildet)
Einen deutlichen Rückgang gab es hingegen bei diesen beiden Berufsbildern:
- PHP-Entwickler: -16 %
- Webentwickler: -18 %
- Javascript-Developer -59 %
- Scrum-Master: -21 %
- Webdesigner: -84 %
Insgesamt ist also im 2. Quartal mit einer Ausnahme die Nachfrage nach Internetexperten im Bereich der technischen Job Roles deutlich zurückgegangen.
Die Situation im Online-Marketing-Bereich
Im Bereich der von uns untersuchten Online-Marketing-Berufe sieht es zum Ende des 2. Quartals umgekehrt aus: Bei fast allen Job Roles gab es in der Nachfrage im Vergleich zum Vorquartalsende eine deutliche Zunahme.
Das zeigt sich bei folgenden Berufsbildern:
- Online Marketing Manager: +47 %
- Webanalyst: +38 %
- SEO Manager: +69 %
- Social Media Manager: +18 %
Rückgänge beobachten wir nur bei folgenden Job Roles:
- SEA Manager: -11 %
- Content Marketing Manager: -49 %
Fazit
Der Abwärtstrend des ersten Quartals 2024 hat sich im 2. Quartal bei den Online-Marketing-Berufen nicht fortgesetzt. Im Gegenteil: Ab Mai sehen wir eine leicht ansteigende Tendenz, die sich auch Anfang Juli bestätigt. Bei den technisch orientierten Internetberufen verhält es sich genau umgekehrt. Hier sehen wir im Endeffekt eine klare Fortsetzung des Abwärtstrends, der bereits im vergangenen Jahr begann. Interessant hierbei ist, dass sich die Trends des ersten Quartals 2024 im Vergleich zu Q4 2023 für diese beiden Bereiche umgekehrt haben: Damals gab es einen deutlichen Rückgang bei den Online-Marketing-Berufen und einen Anstieg bei den technisch orientierten Internetberufen. Das deutet darauf hin, dass die Besetzung der damals ausgeschriebenen Stellen für die technisch orientierten Berufe in Q2 2024 erfolgreich war und dieser spezielle Arbeitsmarkt für diese Internetfachkräfte vorübergehend gesättigt ist. Genau umgekehrt verhält es sich bei den Online-Marketing-Berufen: Nach einer kurzen Stellenausschreibungspause in Q1 2024 besteht jetzt wohl wieder ein Bedarf. Ob sich dieses Auf und Ab bei der Anzahl an Stellenausschreibungen in diesen beiden Bereichen in Q3 2024 fortsetzen wird, werden wir im nächsten Quartalsupdate unserer Arbeitsmarktanalyse für Internetfachkräfte analysieren.
Fest steht allerdings, dass sich die allgemein angespannte, politische und wirtschaftliche Situation weiter bremsend auch auf dieses spezielle Segment des Arbeitsmarktes auswirken wird. Die Zahlen der Agentur für Arbeit für den Gesamt-Arbeitsmarkt in Deutschland sprechen hier für sich. Wir rechnen für das 2. Halbjahr 2024 nicht mit einer nachhaltigen Erholungsphase oder einem Aufschwung, sondern eher mit einer weiter durchwachsenen Situation, gezeichnet von leichten Auf- und Ab-Bewegungen der Stellenausschreibungszahlen.
Was bedeutet dies für Stellensuchende oder Wechselwillige?
Derzeit scheint die Situation für Bewerbungen im Bereich der Online-Marketing-Berufe günstiger zu sein als im Bereich der technisch orientierten Berufe. Allerdings sehen wir von Quartal zu Quartal auch ein ständiges Auf und Ab. Stellensuchende sollten die Zahl der Stellenausschreibungen sehr genau beobachten und vielleicht die jeweils günstigere Phase auf dem Arbeitsmarkt abwarten. Andererseits gibt es alternativ auch die Möglichkeit, sich bei nicht passenden Stellenausschreibungen oder in ungünstigeren Phasen des Arbeitsmarktes initiativ bei interessanten Unternehmen zu bewerben – viele Unternehmen laden z. B. auf ihrer Website ausdrücklich dazu ein. Zwar werden Initiativbewerbungen nicht unbedingt vorrangig behandelt, sondern oft nur aufbewahrt, doch kann (mit etwas Geduld) dieser Weg doch auch zum Erfolg führen. Grundsätzlich ist in schwierigeren Phasen aber immer wichtig: Zusatzqualifizierungen, die mit anerkannten und aktuellen Abschlusszeugnissen oder Zertifikaten belegt werden können, sind immer wertvoll und können gerade in Flaute-Phasen des Arbeitsmarktes einen Unterschied in Vorstellungsgesprächen und Bewerbungen machen.
Unter anderem bietet auch Webmasters Europe e. V. international anerkannte und staatlich zugelassene Zertifizierungen an, die entsprechenden Weiterbildungsprogramme werden von WE-autorisierten Trainingszentren angeboten, die auch entsprechende Beratung anbieten.
Im 4. Quartal 2024 werden wir den weiteren Verlauf der Nachfrage auf dem deutschen Stellenmarkt für das 3. Quartal 2024 wieder analysieren und die Ergebnisse vorstellen und diskutieren.
Referenzen
- Arbeitsmarktbericht für April 2024
- Arbeitsmarktbarometer der IAB eine leichte Aufwärtstendenz
- WE-Jahres-Arbeitsmarktanalyse 2024: Nachfrageflaute am Stellenmarkt für Internetfachkräfte
- Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt für September 2023, Abschnitt 1.3 ff
- Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt für Juni 2024, Abschnitt 1.3 ff
- WE-Arbeitsmarktanalyse für Q4 2023: Abwärtstrend setzt aus – noch keine eindeutige Trendwende erkennbar, Nürnberg, 15. Januar 2024
Kategorien: Arbeitsmarkt
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