Große Arbeitsmarktanalyse: Nachfrage nach Internetfachkräften übersteigt trotz anhaltender Pandemie-Situation und Ukraine-Krieg das Vor-Corona-Niveau von 2019
13.06.2022 10:00 von Robert von Heeren
In dieser Sonderausgabe unserer jährlichen Arbeitsmarktanalyse vergleichen wir die Entwicklung der Nachfrage nach Arbeitskräften im Bereich der Internetberufe über die Zeitspanne 2019 bis 2022. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie sich der Arbeitsmarkt für Internetfachkräfte im 2. Quartal 2022 — dem 3. Jahr der Corona-Pandemie — gegenüber dem 2. Quartal des Vor-Corona-Jahres 2019 entwickelt hat. Neben der Überprüfung der Nachfrageentwicklung für über 40 Jobprofile (sog. Job Roles), analysieren wir in diesem Vergleich auch die Nachfragesituation nach über 200 Kompetenzen (Skills) in den Bereichen Online Marketing sowie den mehr technisch orientierten Internetberufen (Erläuterungen zur Methodik siehe WE-Arbeitsmarktanalyse 2020).
Inhalt
- Die Entwicklung der Nachfrage nach Internetfachkräften der Monate Mai 2019 bis 2022
- Fazit
- Referenzen
Allgemeine Situation am deutschen Stellenmarkt
Rückblick auf das 2. Quartal des Vor-Corona-Jahres 2019:
In der Arbeitsmarktanalyse für 2019 berichteten wir: »Über fast alle Job Roles hinweg ist ein deutlicher Rückgang an Stellenausschreibungen im Internet (Jobbörsen, Stellenmärkte, Zeitungen etc.) hinweg zu verzeichnen, was offensichtlich eine Folge der aktuellen globalen wirtschaftlichen Entwicklung ist, die sich allmählich auf die deutsche Wirtschaft auswirkt. So stellt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung des Statistisches Bundesamtes in seiner im März 2019 publizierten Konjunkturprognose fest:«
»Das Expansionstempo der deutschen Volkswirtschaft hat merklich nachgelassen. […] Gleichzeitig hat sich die Grunddynamik der deutschen Wirtschaft verlangsamt. Nachfrageseitig geht dies vor allem auf eine deutlich schwächere Exportnachfrage aus wichtigen Absatzmärkten zurück. Angebotsseitig spielen die in vielen Branchen erreichten Kapazitätsgrenzen und bestehenden Arbeitskräfteengpässe eine Rolle. Vor diesem Hintergrund revidiert der Sachverständigenrat seine Wachstumsprognose für das Jahr 2019 nach unten und erwartet für die Jahre 2019 und 2020 jahresdurchschnittliche Zuwachsraten des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,8 % und 1,7 %.« (Quelle: Konjunkturprognose 2019 und 2020).
Diese gesamtwirtschaftliche Situation spiegelte sich damals auch in den niedrigeren Nachfragezahlen des von uns untersuchten Arbeitsmarktes für Internetfachkräfte wider.
Rückblick auf die Corona-Jahre 2020 und 2021:
Der Beginn der Pandemie im 1. und 2. Quartal 2020 hatte sich stark auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt: »Wir stellten für die untersuchten Job Roles und Skillsets Rückgänge von um die 80 % fest. Schuld daran hatte die Corona-Krise, in der sich rund 70 % der vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) befragten Betriebe in Deutschland als von der Krise negativ betroffen bezeichneten...« (WE-Arbeitsmarktanalyse 2020).
Um die Folgen der Pandemie für den Arbeitsmarkt genauer zu analysieren, begannen wir ab dem 2. Quartal 2020 damit, unsere Datenerhebung monatlich durchzuführen: Wir analysieren seitdem die Nachfrage-Entwicklung nach Berufsbildern auf dem Arbeitsmarkt für Internetfachkräfte in unseren Quartalsupdates. Dabei stellten wir viel Auf- und Abwärtsbewegungen in der Nachfragesituation fest, wobei wir im Jahr 2021 insgesamt einen starken Aufwärtstrend in der Zahl der Stellenausschreibungen beobachteten (siehe beispielsweise WE Arbeitsmarktanalyse-Update für Q3-2021: Deutlicher Anstieg der Nachfrage nach Internetspezialisten).
Entwicklung im 2. Quartal 2022:
Die allgemeine, branchenübergreifende Situation auf dem deutschen Stellenmarkt für Mai 2022 bewertet die Agentur für Arbeit folgendermaßen: »Die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern bewegt sich trotz der wirtschaftlichen und politischen Unwägbarkeiten infolge des Ukraine-Krieges weiter auf sehr hohem Niveau.«
»Der Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen ist im Mai 2022 saisonbereinigt weiter gestiegen, und zwar um 9.000, nach +11.000 im April. Nicht saisonbereinigt belief sich der Bestand im Mai auf 865.000 Arbeitsstellen. Das waren 211.000 oder 32 Prozent mehr Stellen als vor einem Jahr, nach +223.000 oder +35 Prozent im April. Auch die Stellenzugänge bleiben auf hohem Niveau. Im Mai haben sie in saison- und kalenderbereinigter Rechnung geringfügig um 1.000 zugenommen, nach +4.000 im April. Nach den Ursprungszahlen wurden im Mai 165.000 Stellen neu gemeldet.« (Quelle: Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt, Mai 2022, Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt, Agentur für Arbeit, Abschnitt 1.3)
Der Aufwärtstrend des Vorquartals bei den Stellenzugängen setzte sich im 2. Quartal 2022 bis Mai weiter fort.
Im Vergleich zum entsprechenden Monat des Vor-Corona-Jahres 2019 lag der Bestand im Mai 2022 um knapp 10 % höher als im Mai 2019. Der Zugang gemeldeter Arbeitsstellen liegt hingegen mit knapp 5 % unter dem Vor-Corona-Niveau. Insgesamt betrachtet liegen die Zahlen trotz anhaltender Pandemie-Situation und des Ukraine-Krieges über dem Vor-Corona-Niveau.
Die Entwicklung der Nachfrage nach Internetfachkräften der Monate Mai 2019 bis 2022
Wie in den vorangegangenen Arbeitsmarktanalysen haben wir auch dieses Mal die Nachfrage nach den mehr technisch orientierten Internetberufen und den Online-Marketing-Berufe getrennt analysiert. Für diese Sonderausgabe der Arbeitsmarktanalyse erhoben wir aber nicht nur die Zahl der Stellenausschreibungen von insgesamt 40 Berufsbildern (Job Roles), sondern analysierten zusätzlich auch, wie oft bestimmte Kompetenzen (Skills) in den Stellenausschreibungen erwähnt wurden. Im Folgenden stellen wir unsere Daten und Ergebnisse für die Monate Mai 2019 bis Mai 2022 vor.
Ergebnisse für Job Roles (bundesweit, Suche nur im Titel der Stellenanzeigen)
Die Nachfrage nach Internet-Fachkräften ist im Mai 2022 gegenüber dem Vormonat zwar etwas gesunken, im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 liegt sie jedoch weit über dem damaligen Niveau. Im Vergleich der Zahl der Stellenausschreibungen für Mai 2022 vs. Mai 2019 ergeben sich folgende (gerundete) Werte:
- techn. orient. Internetberufe: +113 %
- Online-Marketing-Berufe: +149 %
- Gesamt: +130 %
Die Veränderung im Vergleich zum Vormonat April 2022:
- techn. orient. Internetberufe: -14 %
- Online-Marketing-Berufe: +3 %
- Gesamt: -6 %
Die Entwicklung im Detail
Dass die Zahlen für die gefundenen Stellenausschreibungen für die verschiedenen Job Roles generell deutlich höher liegen als im Jahr 2019, ist angesichts der seit Anfang 2022 deutlich gestiegenen Gesamt-Nachfrage-Situation auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten. Deshalb analysieren wir in den nachfolgenden Vergleichen der Zahlen von Mai 2022 zu Mai 2019 vor allem, ob sich die Nachfragesteigerung über alle von uns untersuchten Job Roles gleichmäßig verteilt oder bestimmte Berufsbilder positiv oder negativ hervorstechen.
Bei den mehr technisch orientierten Internetberufen stellen wir fest, dass besonders die Zahl der Stellenausschreibungen für Webdesigner angestiegen ist: Im Vergleich Mai 2019 zu Mai 2022 um +118 Prozent. Weiterhin ist zu erkennen, dass sich der Abstand zwischen der Nachfrage nach Javascript- und PHP-Entwicklern im Mai 2022 verkleinert hat.
Bei den Online-Marketing-Berufen zeigt sich ein ähnliches Bild: Eine deutliche Steigerung der Zahl der Stellenausschreibungen ist gegenüber Mai 2019 bei den Online Marketing Managern (+145 %), Social Media Managern (+255 %) und ganz besonders bei den Content Marketing Managern (+ 626 %) zu verzeichnen. Dies ist insofern sehr interessant, als im Jahr 2019 dieses Berufsbild in der Nachfrage-Rangfolge noch auf Platz 5 war und jetzt im Jahr 2022 auf Platz 3 vorgerückt ist. So sind derzeit auf dem Stellenmarkt Content Marketing Manager deutlich mehr gefragt als beispielsweise SEO- oder SEA-Manager, bei denen die Veränderungen vergleichsweise etwas schwächer ausfallen.
Ergebnisse der Skillsets-Analysen (bundesweit, Suche innerhalb der Stellenanzeigen)
Auch auf unsere Skillset-Analysen wirkt sich die deutliche höhere Zahl an Stellenausschreibungen im 1. und 2. Quartal 2022 gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 aus: Generell liegen alle Werte von 2022 deutlich über dem Niveau von 2019. Deshalb betrachten wir hier nicht nur, wie stark der Anstieg ist, sondern inwiefern sich die Rangfolge der von Arbeitgebern gewünschten Kompetenzen verändert hat. Wie in unseren früheren, jährlichen Arbeitsmarktanalysen der Vor-Corona-Zeit werden wir im Folgenden die Ergebnisse der Skillset-Analysen je WE-Fachgebiet präsentieren.
Fachgebiet Online Marketing
Vergleichen wir die Anzahl der Skill-Nennungen von Mai 2022 zu Mai 2019 für das Fachgebiet Online Marketing, zeigen sich bei der Nachfrage nach Kenntnissen in den Bereichen Social Media, Content Marketing, Affiliate, SEO und Google Analytics besonders große Anstiege:
- Social Media: +163 %
- Content Marketing: +292 %
- Affiliate: +221 %
- SEO: +161 %
- Google Analytics: +213 %
Wie uns schon in der Job-Role-Analyse bei der Nachfrage nach Content Marketing Managern auffiel, ist auch die Nachfrage nach Fachkenntnissen in Content Marketing überproportional gestiegen. Gleiches gilt auch für gewünschte Kenntnisse im Bereich der Suchmaschinenoptimierung (SEO). Was die Rangfolge betrifft, haben hier Kenntnisse im Bereich Affiliate deutlich aufgeholt und den Bereich der Suchmaschinenwerbung (SEA) von Platz 4 verdrängt. Auch in unserer Job-Role-Analyse für den Bereich Online Marketing zeigte sich für die Job Role SEA Manager im Vergleich zu beispielsweise der Nachfrage nach SEO Managern ein geringeres Nachfragewachstum. Mögliche Gründe: Sättigung des Arbeitsmarktes und/oder teilweise Budgetumverteilung seitens der Arbeitgeber weg von der immer teurer werdenden Suchmaschinenwerbung (SEA) hin zu anderen, günstigeren Online-Marketing-Disziplinen.
Wegen der hohen Nachfrage nach Social Media Managern und im Bereich Social Media haben wir uns die Nachfrage nach Skills der verschiedenen Social-Media-Plattformen näher angeschaut:
Hier sticht besonders der sehr starke Anstieg der Skill-Nennungen von Linkedin und Instagram heraus. Die international ausgerichtete Business-Plattform Linkedin ist somit mittlerweile auf Platz 1 gelandet und hat sich damit vor Facebook und Xing geschoben. Bei Facebook und Twitter hat sich im Vergleich dazu zwischen Mai 2019 und Mai 2022 relativ wenig verändert:
- Facebook: -1 %
- Xing: +40 %
- Linkedin: +374 %
- Twitter: +9 %
- Instagram: +286 %
- Youtube: +196 %
Fachgebiet Webdesign
Vergleichen wir die Anzahl der Skill-Nennungen von Mai 2022 zu Mai 2019 für das Fachgebiet Webdesign, so stechen besonders die Skill-Nennungen für Webdesign, HTML5 und für die Kombination von HTML, CSS und JavaScript heraus. Auf niedrigerem Niveau, aber im Vergleich zu 2019 stark angestiegen, sind Skills im Bereich Usability und Interface Design. Auch Kompetenzen im klassischen Bereich des Mediendesigns werden im Vergleich zu 2019 wesentlich häufiger in Stellenausschreibungen gefordert. Die im Jahr 2019 noch wenig verlangten Kenntnisse in der Stylesheet-Sprache SCSS/Sass sind im Jahr 2022 um den Faktor 4 viel häufiger gefragt.
- Webdesign: +58 %
- HTML5: +111 %
- HTML, CSS, JavaScript: +98 %
- Web Usability: +157 %
- Web Interface Design: +243 %
- Mediendesign: +166 %
- SCSS: +436 %
Was die Rangfolge der Nennungen gewünschter Fachkenntnisse betrifft, hat sich auf den obersten Rängen nichts verändert. Web Interface Design ist allerdings auf Platz 6 vorgerückt und hat damit Photoshop sowie HTML-CSS-XML-Kenntnisse von ihren Plätzen im Jahre 2019 verdrängt.
Fachgebiet Webdevelopment
Die Nachfrage nach Fachwissen im Bereich Webdevelopment ist in Q2 2022 gegenüber 2019 generell stark angestiegen. Spitzenreiter sind nach wie vor die Programmiersprachen Javascript und Python, wobei letztere im Verhältnis zu Javascript Gleichstand erreicht hat. Bemerkenswert sind aber auch die Entwicklungen bei Java und PHP, die beide überproportional zulegten:
- Javascript: +45 %
- Python: +159 %
- Java: +136 %
- PHP: +182 %
- Perl: +52 %
Was die Rangfolge der Nennungen gewünschter Fachkenntnisse betrifft, liegt jetzt Python gleichauf mit Javascript, dicht gefolgt von Java und PHP. Selbst die in die Jahre gekommene serverseitige Sprache Perl ist wieder mehr gefragt.
Betrachten wir die Nachfrage nach Spezialkenntnissen im Bereich von Frameworks und Bibliotheken, kommen wir zu folgenden Ergebnissen:
- Angular: +190 %
- jQuery: +55 %
- React bzw. React.js: +422 %
- Node.js: +176 %
- Symfony: +157 %
- Bootstrap: -21 %
- Laravel: +127 %
Die Nachfrage nach Webentwicklern, die fit in Angular sind, ist im Vergleich zu 2019 besonders stark angestiegen, wobei aber React (vormals React.js) hier deutlich aufgeholt und beinahe Gleichstand erreicht hat. Somit ist React unseren Recherchen zufolge die am zweithäufigsten gefragte Bibliothek. Gegenüber 2019 ist React also mittlerweile auf Platz 2 vorgerückt und hat damit die Bibliothek jQuery auf Platz 3 verdrängt, dicht gefolgt von der Laufzeitumgebung Node.js, die im Nachfragevergleich zu 2019 um mehr als das Doppelte zulegte. Einen Rückgang verzeichnen wir in den Nennungen des Frontend-CSS-Frameworks Bootstrap. Dafür steigt die Nachfrage nach Skills im Bereich des noch relativ neuen PHP-Frameworks Laravel weiterhin an.
Fachgebiet Web-Administration
Auch im Bereich der Web-Administration liegen die Werte für Mai 2022 generell deutlich über denen von Mai 2019. Insgesamt gibt es wenig Überraschungen und Änderungen bei den Rangfolgen. Einzig Skills für nginx-Systeme werden mittlerweile dreimal so viel wie im Jahr 2019 und damit ungefähr so oft wie Apache-Administrations-Kenntnisse gefordert. nginx verdrängt somit auf Platz 4 Debian Linux und nachfolgende. Der Nachfrageanstieg fällt bei dem Linux-Derivat Redhat am geringsten aus:
- Linux Administration: +76 %
- Unix Administration: +115 %
- Apache und Administration: +144 %
- Debian Linux: +102 %
- Ubuntu Linux: +91 %
- Redhat Linux: +15 %
- nginx: +304 %
- Suse Linux: +30 %
In diesem Zusammenhang interessierte uns auch die Entwicklung der nachgefragten Kompetenzen im Bereich der Datenbanksysteme.
Weit vorn liegen hier nach wie vor die Systeme Oracle und mySQL, und das mit hohen Zuwachsraten in der Nachfrage nach entsprechenden Kenntnissen. NoSQL hat mittlerweile Microsoft SQL überholt und liegt jetzt auf Platz 3. Überraschenderweise liegt die neue (und auf MySQL basierende) Datenbank MariaDB trotz einer Zunahme der Nachfrage mit großem Abstand zu mySQL weiterhin auf dem letzten Platz. Ein möglicher Grund: Die Nachfragesituation auf dem Stellenmarkt zeigt vor allem, welche älteren Systeme (Legacy-Systeme) bei den Unternehmen noch im Einsatz sind, obwohl es u. U. modernere Systeme gibt. Die Umstellung von Systemlandschaften in Unternehmen ist aber nicht nur langwierig, sondern häufig auch sehr kostspielig. Bis neue und moderne Systeme Einzug in die Unternehmen finden, kann es Jahre dauern. Was dies für Bewerber bedeutet, werden wir im Fazit erläutern.
- Oracle: +46 %
- mySQL: +194 %
- Microsoft SQL: +61 %
- nosql: +117 %
- PostgresSQL: +327 %
- mongodb: +174 %
- redis: +770 %
- MariaDB: +130 %
Den größten Zuwachs in der Nachfrage verzeichnet übrigens die im Jahr 2009 eingeführte sog. In-Memory-Datenbank redis: Die Nachfrage ist in Q2 2022 gegenüber 2019 um fast das Achtfache gestiegen. Da redis so wie nosql zu den sog. NOSQL-Datenbanksystemen (nicht-relational) zählt und wir auch einen Anstieg bei der Nachfrage nach noSQL-Kenntnissen beobachten, könnte sich hier ein Trend weg von klassischen relationalen Datenbanken hin zu nicht-relationalen andeuten.
Fachgebiet Vorgehensmodelle
Im Bereich der Vorgehensmodelle z. B. für das Management von Webprojekten sticht der enorme Nachfrageanstieg nach Kenntnissen im Bereich DevOps heraus: Hier hat sich die Zahl der entsprechenden Skill-Nennungen um fast das Fünffache erhöht. Auch bei dem agilen Vorgehensmodell nach Scrum und Kanban gibt es einen Anstieg. Hingegen gibt es kaum Veränderungen bei Test-driven Development (TDD). Gleiches gilt übrigens auch für Domain-driven Design, welches auf dem letzten Platz hinter TDD liegt.
- DevOps: +325 %
- Scrum Web: +147 %
- Kanban Web: +59 %
- TDD Web: +24 %
Fazit
Über fast alle Job Roles und Skillset-Nennungen hinweg verzeichnen wir im 2. Quartal 2022 einen deutlichen Anstieg in der Nachfrage gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 — und das trotz anhaltender Pandemie und dem Ukraine-Krieg, beides mit erheblichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Nur in sehr wenigen Ausnahmen (beispielsweise bei Bootstrap) ließ die Nachfrage nach. Somit hat sich der Stellenmarkt von dem starken Einbruch zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 nicht nur erholt: Die Nachfrage liegt mittlerweile sogar weit über dem Vor-Corona-Niveau von Q2 2019.
Neben diesem Aufwärtstrend beobachten wir aber auch Schwerpunktverlagerungen bei den nachgefragten Berufsbildern und Fachkenntnissen: So fällt beispielsweise bei den Online-Marketing-Berufen auf, dass Content Marketing Manager von Platz 5 auf Platz 3 in der Nachfrage aufgestiegen sind. Im Fachgebiet Webdesign sind jetzt Kenntnisse in HTML5 am gefragtesten, was unserer Meinung bedeutet, dass sich dieses Berufsbild vom reinen »Designer« und Website-Gestalter hin zu einer Kombination aus Frontend-Entwickler und Webdesigner entwickelt hat. Auch im Bereich der Webprogrammierung haben sich die Gewichtungen z. B. bei den gefragten Frameworks und Bibliotheken etwas verschoben: React legt beispielsweise besonders zu und hat längst jQuery vom Stammplatz Nr. 2 verdrängt. Keine großen Überraschungen gibt es hingegen im Bereich der Web-Administration. Allerdings bei den in diesem Bereich gefragten Datenbank-Kenntnissen zeigt sich, dass althergebrachte Systeme wie Oracle und mySQL auf dem deutschen Arbeitsmarkt trotz aufstrebenden neuen Technologien noch lange nicht abgemeldet sind: »Legacy«-Systeme sind bei den Unternehmen noch massiv im Einsatz. Folglich werden zur Betreuung, Pflege und Weiterentwicklung dieser Technologien weiterhin viele Arbeitskräfte und Experten gesucht.
Was bedeutet dies nun für Bewerber?
Unserer Meinung nach sollten sie sich in mindestens einer dieser traditionsreichen Legacy-Technologien auskennen und — falls nicht — entsprechende Weiterbildungen absolvieren. So erhöhen die Stellensuchenden auf jeden Fall ihre Chancen auf dem Stellenmarkt. Noch ist nicht absehbar, wie lange es dauern wird, bis sich die Situation zu Gunsten modernerer Technologien dreht — dies kann möglicherweise noch einige Jahre dauern. Wer aber an ihnen interessiert ist und für die Zukunft gerüstet sein möchte, sollte die Zeit bis dahin nutzen und sich die Spezialkenntnisse durch entsprechende Weiterbildungen aneignen. Nur weil die Zahl der Stellenausschreibungen mit Skill-Nennungen in diesen Legacy-Technologien derzeit überwiegt, bedeutet das nicht, dass Unternehmen nicht über einen Wechsel nachdenken. Bringen Bewerber hier Spezialkenntnisse mit, kann dies u. U. ausschlaggebend für eine Anstellung sein.
Im 3. Quartal 2022 werden wir den weiteren Verlauf der Nachfrage auf dem deutschen Stellenmarkt für das 2. Quartal wieder auf Basis unserer monatlichen Datenerhebung für die 40 Job Roles analysieren und die Ergebnisse im nächsten Quartalsupdate präsentieren.
Referenzen
- WE-Arbeitsmarktanalysen 2019 bis 2022, Webmasters Europe e. V.
- Konjunkturprognose 2019 und 2020, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung des Statistisches Bundesamtes, März 2019
- Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt, Mai 2022, Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt, Agentur für Arbeit, Abschnitt 1.3)
Kategorien: Arbeitsmarkt
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